26.06.2025

Innovation ist ein Wesenselement der Kultur der Verlage

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Thomas Hass: „KI darf kein Einfallstor für neue Abhängigkeitsverhältnisse werden“

Forum Veränderung diskutierte die Rolle von Innovation, KI und Kulturwandel im Zuge der digitalen Transformation | Bundesministerin Dorothee Bär sprach bei der Mediennacht der freien Presse über die Bedeutung unabhängiger Berichterstattung

Berlin, 26. Juni 2025 – Drei Jahrzehnte digitale Transformation haben den Journalismus, seine Geschäftsmodelle und die Unternehmenskultur der Verlage grundlegend verändert – und gezeigt, wie konsequent die Branche ihren publizistischen Auftrag unternehmerisch weiterentwickelt, auch mit Milliardeninvestitionen in digitale Innovationen. Vor diesem Hintergrund stand das Forum Veränderung beim Medienforum der freien Presse des MVFP im Zeichen der Frage, wie Medienhäuser auch in der KI-Ära ihrem publizistischen Auftrag gerecht bleiben – und was Politik und Gesellschaft dazu beitragen müssen.

Thomas Hass, Vorsitzender der Geschäftsführung des SPIEGEL-Verlags und Sprecher der Publikumsmedien im MVFP, betonte in seinem Impuls die Rolle des Staates als Ordnungsgeber in einer sich rasant wandelnden Medienrealität: „Die Verlage haben in den vergangenen Jahrzehnten enorme Wandlungsfähigkeit bewiesen – das bleibt unsere Stärke. Zusätzlich brauchen wir verlässliche, faire und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen, um journalistische Qualität, publizistische Unabhängigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit gleichermaßen zu sichern.“ Dabei müsse sichergestellt werden, dass KI-Systeme nicht unkontrolliert auf redaktionelle Inhalte zugreifen, ohne Vergütung, Transparenz oder Einhaltung ethischer Standards. Hass fügte hinzu: „KI darf kein Einfallstor für neue Abhängigkeitsverhältnisse werden. Sie muss der freien Presse dienen – nicht umgekehrt.“ Das auf der gestrigen Delegiertenversammlung verabschiedete Grundsatzpapier des MVFP „Verantwortung. Verlässlichkeit. Vielfalt. Was die professionellen Medien der freien Presse unterscheidet von AI-Inhalten, sozialen Medien und digitalen Plattformen“ diente dabei als inhaltlicher Referenzpunkt.

Verantwortung, Verlässlichkeit, Veränderung – was Medienhäuser heute leisten

Im Anschluss diskutierten Fränzi Kühne, Gründerin der Agentur TLGG und CDO der Edding AG, Dr. Dennis Ballwieser, Geschäftsführer der Wort & Bild Verlagsgruppe und Chefredakteur der „Apotheken Umschau“, und Malte Schwerdtfeger, Geschäftsführer der Landwirtschaftsverlag GmbH, unter der Moderation von Charlotte Haunhorst, Head of Digital und Mitglied der Chefredaktion des Handelsblatts, über die Konsequenzen disruptiver Technologien für Geschäftsmodelle, Unternehmenskultur und publizistische Identität. Im Mittelpunkt standen die Fragen, wie sich redaktionelle Verantwortung mit unternehmerischen Innovationen verbinden lässt – und welche Rolle KI als Beschleuniger von Veränderung in redaktionellen und wirtschaftlichen Prozessen spielt.

Fränzi Kühne betonte die Bedeutung eines agilen Mindsets im Umgang mit technologischem Wandel: „Bei der KI-Transformation werden auch Leute auf der Strecke bleiben, nicht alle werden mitgenommen werden können. Deshalb braucht nachhaltige Innovation in Verlagen mehr als technologische Lösungen – sie beginnt mit der Kultur, die Mut, Offenheit, Verantwortung und lernorientierte Führung fördert.“

Dr. Dennis Ballwieser schilderte eindringlich, welche negativen Auswirkungen KI-basierte Suchtechnologien bereits heute auf die Sichtbarkeit, Relevanz und Geschäftsgrundlagen journalistischer Angebote haben: „Bei künstlicher Intelligenz kommen derzeit viele Stürmer und Dränger um die Ecke – aber wir müssen unterscheiden, was Spielerei ist und was wirklich sinnstiftend. Wenn Nutzer sich im Digitalen mithilfe von KI vermeintlich individuelle Gesundheitstipps zusammenstellen, dann verschwinden verlässliche, journalistisch geprüfte Informationen im Schatten dieser Systeme. Das gefährdet nicht nur unser Geschäftsmodell, sondern auch die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung.“

Malte Schwerdtfeger hob die besondere Verantwortung von Fachverlagen bei Zielgruppennähe und Glaubwürdigkeit hervor – auch im digitalen Wandel: „Unsere Leserinnen und Leser erwarten digitale Angebote, die relevant, nutzerfreundlich und glaubwürdig sind. Genau das leisten Fachverlage – weil unsere Redaktionen tief in der Zielgruppe verankert sind. KI kann uns dabei helfen, den Journalismus effizienter und besser zu machen. Entscheidend ist: Wir setzen sie verantwortungsvoll ein – mit klaren Leitplanken, und mit der vollen Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen.“

Forschungsministerin Dorothee Bär: Ohne unabhängigen Journalismus verliert die Demokratie ihre Stimme

Auf der anschließenden Mediennacht der freien Presse im China Club Berlin betonte Dorothee Bär, Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, in ihrem Impuls vor 350 geladenen Gäste aus Politik, Medien, Wirtschaft und Gesellschaft die Bedeutung unabhängiger Berichterstattung: „Mein Ministerium ist für Zukunft und Wachstum verantwortlich. Deshalb habe ich mir vorgenommen, den Wissenschaftsjournalismus eng an mein Haus zu binden.“ Ohne unabhängigen Journalismus, der komplexe Themen für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar mache, verliere die Demokratie ihre Stimme, erläuterte Bär. Es sei die Aufgabe der Politik, Vertrauen durch klare Rahmenbedingungen zu ermöglichen – so wie es die freie Presse mit ihrer täglichen Arbeit vorlebe.