13.11.2025

Technik für die Scholle – aus aller Welt

Ansprechpartnerin

Gabriele Blömker
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Landtechnik war schon vor gut 175 Jahren international – das zeigt ein rarer Verkaufskatalog von damals, der in Münster-Hiltrup aufbewahrt wird

Hannover ist in diesen Tagen das internationale Schaufenster der modernen Landtechnik: Die „Agritechnica“ versteht sich als „Weltleitmesse“ für Hersteller und Händler, für Landwirte, Lohnunternehmer und Branchenexperten aus der ganzen Welt.

Technik für die heimische Scholle und internationale Ausrichtung – das war schon im 19. Jahrhundert kein Widerspruch, wie der Blick in einen Landmaschinen-Katalog des Jahres 1854 zeigt, der in der „Westfälischen Bibliothek der Landwirtschaft“ der LV-Stiftung in Münster-Hiltrup aufbewahrt wird.

Die Schmiede neben der Akademie

Der Katalog ist eine besondere Rarität. Er stammt aus einer der ältesten Landmaschinenfirmen Deutschlands: aus der „Ackergeräthe-Fabrik“ in Hohenheim bei Stuttgart. 1818 hatte dort der württembergische König Wilhelm I. eine Agrar-Akademie ins Leben gerufen. Ein Jahr später war nebenan, gewissermaßen als „Aus-Gründung“ der Akademie, das besagte Unternehmen entstanden.

Fast ein Jahrhundert lang belieferte die „Ackergeräthe-Fabrik“ die Landwirtschaft Deutschlands mit Maschinen, die in Hohenheim nach Originalplänen aus aller Welt hergestellt wurden. Der Blick in den Katalog von 1854 zeigt es: „Englische Handbuttermaschinen“ und „schottische Dreschmaschinen“ zählen seinerzeit zum Angebot, ebenso „Newyorker Wendepflüge“, „amerikanische Mais-Entkörnungsmaschinen“ „Piemonteser Seidehaspeln“ oder auch eine „Käsepresse nach Schweizer Art“. Besonders Highlight war eine frühe, von Pferden gezogene Getreide-Mähmaschine mit beweglichen Messerbalken, ebenfalls erfunden in den USA. Das baute in Deutschland sonst niemand.

All diese und viele weitere Gerätschaften sind abgebildet und beschrieben im „Preis-Verzeichniß der Werkzeuge und Modelle aus der Ackergeräthe-Fabrik des Königlich Württembergischen Land- und Forstwirthschaftlichen Instituts Hohenheim“ – so der vollständige Titel des Katalogs von 1854. Auf 32 großformatigen Seiten und mit detailreichen Kupferstich-Abbildungen werden darin die Maschinen vorgestellt.

Über Jahrzehnte prägte die Hohenheimer Fabrik die Landtechnik in Deutschland. Seit den 1870er Jahren machten ihr aufstrebende Schmiede-Unternehmen Konkurrenz. Die vielen privaten „start ups“, die überall auf dem Land entstanden, waren der Fabrik überlegen. Ihr wurde die enge Anbindung an die Akademie zum Verhängnis, wie es in einer damaligen Beschreibung hieß. Hinzu kamen fehlende Innovationsbereitschaft und Mängel in der kaufmännischer Führung.

1904 schloss das einstige Pionierunternehmen seine Pforten. Seine frühen Gerätschaften können heute im Deutschen Landwirtschaftsmuseum in Stuttgart-Hohenheim besichtigt werden. Zeugnis legen bis heute auch die Lieferkataloge ab, von denen ein besonderes Prachtexemplar in Münster-Hiltrup aufbewahrt wird.

Informationen zur Bibliothek

Die „Westfälische Bibliothek der Landwirtschaft“ (WBL) in Münster-Hiltrup umfasst rund 6500 Bände praxisorientierter landwirtschaftlicher Fachliteratur aus fünf Jahrhunderten. Ein regionaler Schwerpunkt liegt auf Titeln aus Westfalen-Lippe und Nordwestdeutschland. Die Sammlung befindet sich im Eigentum der Stiftung Landwirtschaftsverlag in Münster und ist als Präsenzbibliothek organisiert. Agrargeschichtlich Interessierte können den Bestand digital durchsuchen (WBL-Bestand) und die Bücher nach vorheriger Anmeldung vor Ort nutzen.